Weder ihre im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben noch ihr öffentlich-rechtlicher Status rechtfertigen es, sie von diesem Verbot auszunehmen. Nachdem der EuGH bereits mehrfach entschieden hat, dass die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (Richtlinie 2005/29/EG), die solche Praktiken gegenüber Verbrauchern verbietet, durch einen besonders weiten sachlichen Anwendungsbereich gekennzeichnet ist, erklärt er erstmals, dass dies auch für den persönlichen Anwendungsbereich dieser Richtlinie gilt.
Mit diesem Urteil stellt der EuGH nämlich fest, dass diese Richtlinie für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gilt, die mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe wie der Verwaltung eines gesetzlichen Krankenversicherungssystems betraut ist. Trotz ihres öffentlichen Charakters und ihrer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe ist eine solche Einrichtung als „Gewerbetreibender“ im Sinne der Richtlinie anzusehen, für den das Verbot unlauterer Geschäftspraktiken gilt. Die Richtlinie nimmt solche Einrichtungen nämlich nicht ausdrücklich aus ihrem Anwendungsbereich aus. Zudem erfordert es das Ziel der Richtlinie, in Bezug auf unlautere Geschäftspraktiken und insbesondere irreführende Werbung ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, dass dieser Schutz unabhängig vom öffentlichen oder privaten Charakter der fraglichen Einrichtung und von der speziellen von ihr wahrgenommenen Aufgabe garantiert wird.
Im dem Urteil beantwortet der EuGH eine Frage des BGH, der einen Rechtsstreit zwischen der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. und der BKK Oil, einer als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierten gesetzlichen Krankenkasse des deutschen Rechtssystems, zu entscheiden hat. Nach Ansicht des BGH stellen die von der BKK im Jahr 2008 auf ihrer Website veröffentlichten Aussagen, wonach ihre Mitglieder bei einem Wechsel der Kasse finanzielle Nachteile riskierten, eine irreführende Praxis im Sinne der Richtlinie dar. Er fragte sich jedoch, ob die Richtlinie und damit das von ihr aufgestellte Verbot auch für die BKK als mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe betrauten Körperschaft öffentlichen Rechts gelten könne.
EuGH Urteil vom 03.10.2013 – C-59/12
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