Leitsatz:
Der für den Deckungsprozess bindende Haftungstatbestand umfasst lediglich die vom Tatrichter des Haftpflichtprozesses festgestellten und seiner Entscheidung zugrunde gelegten tatsächlichen Elemente; seine rechtliche Einordnung ist dagegen ohne Belang.
Der BGH hat mit dem Urteil vom 08.12.2010 (IV ZR 211/07) nunmehr klargestellt, dass allein die tatsächlichen Feststellungen zum Haftungstatbestand im Haftpflichtprozess Bindungswirkung für den Deckungsprozess entfalten.
Die den Umfang der Bindungswirkung bestimmnende Vorausetzungsidentität ist nach Ansicht des BGH nur für die tatsächlichen Feststellungen zum Haftungstatbestand gegeben. Die rechtliche Einordnung des Haftungstatbestandes durch das Haftpflichtgericht dagegen entfaltet keine Bindungswirkung, sondern nur die die Entscheidung tragenden Tatsachen.
Der BGH argumentiert, dass ein Haftpflichturteil allein wegen einer fehlerhaften rechtlichen Begründung bei gleichem Ergebnis nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen werden kann, da es an der erforderlichen Beschwer fehlt. Der Versicherungsnehmer und der Versicherer haben daher wie bei den „überschießenden“ Feststellungen keinen Einfluss darauf, welche rechtliche Einordnung der Haftpflichtrichter in seinem Urteil vornimmt.
In dieser Deutlichkeit hatte der BGH die Begrenzung der Bindungswirkung allein auf die tatsächlichen Feststellungen zum Haftungstatbestand bisher nicht formuliert. Denn in der Herleitung der Voraussetzungsidentität durch den BGH heißt es stets, dass lediglich bei nicht entscheidungserheblichen Rechtsausführungen keine Vorraussetzungsidentität vorliegt (BGH, Urteil vom 8. 12. 2010 – IV ZR 211/07; BGH Urteil vom 18. 02.2004, IV ZR 126/02).
Die Entscheidung vom 8.12. 2010 – IV ZR 211/07 schafft nunmehr Klarheit dahingehend, dass die Bindungswirkung des Haftpflichtprozess sich allein auf die tatsächlichen Feststellungen zum Haftungstatbestand bezieht, die dem Haftpflichturteil zu Grunde gelegt wurden.