Der VI Senat des BGH hat eine lang umstrittene Frage endlich geklärt. Allein der Umstand, dass eine freie Fachwerkstatt mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, lasse eine Verweisung auf sie nicht unzumutbar erscheinen.
Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen «freien Fachwerkstatt» verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden. Der BGH hat in seinem Urteil verschiedene Aspekte dieses Themenkreises zusammengestellt.
Der Kläger erlitt mit seinem Fahrzeug, einem fast fünf Jahre alten Mercedes E 220 CDI mit einer Laufleistung von rund 75.000 km, einen Unfall. Er rechnete fiktiv ab. Die Parteien stritten über die Stundenverrechnungssätze. Der Kläger wollte nach dem von ihm erholten Sachverständigengutachten abrechnen, das Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Vertragswerkstatt zugrunde legte. Er kam zu Reparaturkosten von netto 8.049,54 EUR. Die Beklagte legte günstigere Angebote freier Fachwerkstätten zugrunde und kam zu Reparaturkosten von netto 6.058,53 EUR. Der BGH meinte, dass der Geschädigte die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen dürfe, die ein Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt habe. Ein Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit sei zulässig, wenn eine solche mühelos und ohne weiteres zugänglich sei und wenn der Schädiger nachweise, dass die Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur einer markengebundenen Fachwerkstatt entspreche. Unzumutbar sei eine Reparatur in einer freien Fachwerkstatt für den Geschädigten im allgemeinen dann, wenn das beschädigte Fahrzeug nicht älter als drei Jahre war. Aber auch bei Fahrzeugen, die älter als drei Jahre sind, könne ein Verweis insbesondere dann unzumutbar sein, wenn das Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert wurde. Unzumutbar sei eine Reparatur in einer «freien Fachwerkstatt» für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-) üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen.
Der Schädiger habe darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm benannte freie Fachwerkstatt für die Reparaturen am Fahrzeug des Schädigten ihre (markt-)üblichen, das heißt allen Kunden zugänglichen Preise zugrunde legt.
Allein der Umstand, dass die fragliche freie Fachwerkstatt mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, lasse eine Verweisung auf sie nicht unzumutbar erscheinen.
BGH Urteil vom 28.04.2015 – VI ZR 267/14
MKOS