Ein privater Krankenversicherer ist beim Streit über eine Prämienerhöhung nicht verpflichtet, sämtliche Belege wie etwa Versicherungsscheine, Leistungsanträge, Abrechnungen etc. vorzulegen.
Der BGH hatte in seiner Grundsatzentscheidung vom 16.06.2004 – IV ZR 117/02 klargestellt, dass die einseitige Anpassung der Versicherungsbeiträge in der privaten Krankenversicherung einer umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung durch die Zivilgerichte unterliegt. Das Urteil enthielt einige weitere Vorgaben zum Prüfungsmaßstab, insbesondere, dass die Prüfung allein auf Grundlage der Unterlagen erfolgen darf, die dem Treuhänder – ohne dessen Zustimmung ein Krankenversicherer keine Prämienerhöhung vornehmen darf – auch tatsächlich vorgelegen haben. Aus diesen muss sich für den Sachverständigen, den das Gericht regelmäßig zur Überprüfung der Prämienanpassung beauftragen muss, „die Voraussetzungen und der Umfang der vorgenommenen Anpassung (…) nachvollziehbar und in tatsächlicher Hinsicht belegt ergeben“.
Seit dieser Entscheidung standen Gerichte bei Klagen von Versicherungsnehmern immer wieder vor dem Problem, wie weit im konkreten Fall diese Nachweispflicht geht. In seinem Urteil vom 09.12.2015 – IV ZR 272/15 hatte der BGH nun Gelegenheit, dies zu präzisieren. Es ist nach Ansicht des BGH nicht erforderlich, dass der Krankenversicherer alle erdenklichen Nachweise vorlegt, bis hin zu Versicherungsscheinen, Leistungsanträgen, Abrechnungen etc.. Der Treuhänder und auch das Gericht dürfen vielmehr auf die Richtigkeit der für die Kalkulation maßgeblichen Angaben vertrauen. Eine Verpflichtung, weitergehende Belege vorzulegen, kommt nur dann in Betracht, wenn es nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Krankenversicherer Belege falsch erfasst und gebucht oder sonstige Fehler gemacht hat, die Auswirkungen auf die Kalkulation haben können.
Die Entscheidung des BGH hat erhebliche Konsequenzen für die zukünftige Rechtsstreite über Prämienerhöhungen. Der BGH gibt den Gerichten einen klaren Rahmen für den Umgang mit Klagen gegen die Erhöhung von Versicherungsprämien. Nur dann, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte die zugrunde gelegten Zahlen als möglicher Weise fehlerhaft erscheinen, ist die Vorlage weiterer Belege erforderlich. Solche Anhaltspunkte dürfte es nur selten geben. Vermutungen des Versicherungsnehmers genügen nicht.
Urteil im Wortlaut auf der Homepage des Bundesgerichtshofes
BGH Urteil vom 09. Dezember 2015 – IV ZR 272/15
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