BGH, Urteil vom 23.11.2016 – IV ZR 50/16
Sachverhalt:
Der Kläger begehrt von der Beklagten, die über das Internet Mietwagen von Drittunternehmen vermittelt, die Erstattung der Selbstbeteiligung in einem Schadenfall. Der Kontakt zwischen den Parteien war über ein Internetvergleichsportal zustande gekommen. In der Buchungsbestätigung der Beklagten wurde für den Schadenfall eine Selbstbeteiligung von ca. EUR 2.500,00 angegeben, wobei die Beklagte die Erstattung dieser Selbstbeteiligung unter bestimmten Voraussetzungen in Aussicht stellte.
Nach einem Unfall mit einem Fahrzeugschaden in Höhe von mehr als 3.000 EUR begehrt der Kläger von der Beklagten die Erstattung der ihm vom Autovermieter durch Einbehalt der Kaution belasteten Selbstbeteiligung. Er erhob Klage an seinem Wohnsitzgericht. Das Amtsgericht wies die Klage wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit als unzulässig ab. Das Landgericht verwies die Sache auf den im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag des Klägers an das örtlich zuständige Amtsgericht am Sitz der Beklagten. Die vom LG zugelassene Revision, mit der der Kläger seinen Hauptantrag weiterverfolgt, blieb erfolglos.
Der BGH bestätigt die Rechtsansicht Vorinstanzen, wonach sich eine Zuständigkeit des Wohnsitzgerichts des Klägers nicht aus § 215 ergebe, da es sich vorliegend nicht um eine Klage aus einem Versicherungsvertrag oder aus einer Versicherungsvermittlung handle. Die zentrale vertragliche Verpflichtung der Beklagten bestehe in der Vermittlung von Mietwagen. Demgegenüber stelle die mögliche Erstattung der Selbstbeteiligung im Schadenfall lediglich eine unselbstständige Zusatzleistung dar. Auch wenn die Selbstbeteiligung den Mietwagenpreis von 303,68 EUR deutlich übersteige, ändere dies nichts an der wirtschaftlichen Nachrangigkeit der Erstattung der Selbstbeteiligung, da diese nur dann eingreife, wenn es überhaupt zu einem Schadenfall kommt.
Anmerkung:
Die Entscheidung stellt zutreffend klar, dass bloße unselbstständige Nebenabreden über Versicherungsfragen in einem Vertrag mit einer versicherungsfremden Hauptleistung keinen Versicherungsvertrag im Sinn von § 215 VVG begründen. In der Sache selbst ist daher nun das Verfahren vor dem Amtsgericht am Sitz der Beklagten zu führen.
Der BGH hat sich nicht eindeutig dazu geäußert, ob dies nur für die Frage des Gerichtsstandes nach § 215 VVG Bedeutung hat. Das VVG dürfte aber in solchen Fällen insgesamt keine Anwendung finden, sodass z.B. auch die Bestimmungen über die Obliegenheiten in § 28 VVG keine Anwendung finden. In seiner Entscheidung vom 24.10.2012 (BGH, Urteil vom 24. 10. 2012 – XII ZR 40/11) hatte der BGH aber eine analoge Anwendung von § 28 Abs.2 und 3 VVG für zulässig befunden.
BGH, Urteil vom 23.11.2016 – IV ZR 50/16
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Rechtsanwalt Jan Hinsch-Timm
Fachanwalt für Versicherungsrecht